Vom 29.-31. Oktober findet an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (htw saar) in Saarbrücken die 5. Saarbrücker Fremdsprachentagung mit dem Schwerpunkt „Die Magie der Sprache – Produktivität in Linguistik und Fremdsprachenunterricht“ statt.
Die Sprache, die ein wesentliches Kriterium des Menschen im Unterschied zu anderen Lebewesen auf unserem Planeten ausmacht, ist durch eine erhebliche Magie gekennzeichnet. Wenn diese Aussage auf den ersten Blick auch ein wenig überzogen anmuten mag, hat sie dennoch ihre Berechtigung. Diese Magie besteht nicht nur darin, dass Menschen einander in aller Regel unproblematisch verstehen, wenn sie den gleichen Code beherrschen. Sie greift auch dann, wenn sie sich über Dinge unterhalten, über die sie nie zuvor gesprochen haben, Ihnen Gedanken kommen, die ihnen nie zuvor gekommen sind, oder wenn sie Wörter oder Begriffe verwenden, die bis dato nicht existierten – wenn sie Sprache im besten Wortsinn produktiv verwenden, also letztendlich dann, wenn sie ihre eigene Welt konstruieren. In unserer beruflichen und privaten Sprachverwendung betreten wir tagtäglich unerforschtes Terrain und weisen eine Produktivität auf, die in vielen anderen Bereichen des Lebens Ihresgleichen sucht. Diese Produktivität der Sprache und ebenso des Sprachunterrichts, die durchaus einen gewissen Zauber aufweist, ist das Thema der 5. Saarbrücker Fremdsprachentagung.
Die Magie und die Produktivität der Sprache hängen unmittelbar miteinander zusammen – und dies auf den unterschiedlichsten Ebenen. Wenn Menschen Sätze und Äußerungen generieren, sind sie produktiv: Sie erzeugen unter Verwendung der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel solche Sprachstrukturen und Sprachmuster, die der Kommunikation dienen – also der Mitteilung von Informationen, der Schaffung von Gefühlen und der Hervorbringung von Reaktionen. Diese Art von Produktivität spielt sich auf der Ebene der Pragmatik ab.
Wenn wir mit Phänomenen der außersprachlichen Welt konfrontiert sind, die es bislang so noch nicht gab, stehen wir vor der Notwendigkeit, diesen Phänomenen Benennungen zu geben. Diese Benennungen (Neologismen), sind auf der Wort- und Begriffsebene wirksam und tendenziell den Fachsprachen zuzuordnen. Fachsprachen sind somit produktive Subsprachen par excellence.
Während die Produktivität der Sprache sich in den beiden vorangegangenen Beispielen auf die Linguistik bezieht, ist sie im Bereich der Fremdsprachendidaktik ebenso präsent – wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung: Wenn wir unsere Schüler und Studierenden dazu in die Lage versetzen, sich mündlich oder schriftlich zu äußern, dann vermitteln wir ihnen die Fähigkeit zu fremdsprachlicher Produktivität. Wir ermöglichen es ihnen, ihre eigenen Grenzen in einer fremden Sprache zu überschreiten und somit Neuland zu betreten, was ihnen Gefühle der eigenen Leistungsfähigkeit einerseits, aber auch eine gewisse Bewusstheit hinsichtlich der Chancen zur Kontaktaufnahme mit anderen Menschen andererseits vermitteln mag – mit Menschen, mit denen sie ohne die Beherrschung dieser Fremdsprache niemals in der Lage gewesen wären zu kommunizieren. Auch in diesem Aspekt liegt eine Facette der produktiven Magie der Sprache, wie wir sie hier verstehen.
Die Magie der Sprache bezieht sich dabei ebenso auf die interpersonalen und vielfach auch interkulturellen Mechanismen, die während jeglicher Kommunikation ablaufen. Auch hier werden Grenzen überschritten – diejenigen zwischen einzelnen Menschen und diejenigen zwischen unterschiedlichen kulturellen Prägungen und Sozialisationen. Dabei wird gleichsam automatisch eine neue Wirklichkeit – eine kulturelle Zwischenwelt – konstruiert, was einen produktiven Prozess darstellt.
Wenn Menschen Fremdsprachen beherrschen, dann spielen sich in ihren Gehirnen andere Vorgänge ab, als dies der Fall wäre, wenn sie diese Fremdsprachen nicht gelernt hätten: Die Gehirne bilingualer und multilingualer Menschen sehen anders aus als diejenigen monolingualer Menschen. Die (sprachliche) Produktivität hat also einen direkten Einfluss auf die geistige Entwicklung eines Menschen – auch dieser Umstand ist nicht ganz ohne Magie.
Schließlich mögen wir alle bereits festgestellt haben, dass wir uns in Situationen, in denen wir eine Fremdsprache sprechen, anders verhalten als in solchen Situationen, in denen wir unsere Muttersprache verwenden. Und ebenso, dass wir bei der Verwendung verschiedener Sprachen andere Persönlichkeiten zu sein scheinen. Dieses Anderssein in anderen Sprache kann man sich sehr leicht anhand der Frage vergegenwärtigen, wie leicht – oder wie schwierig – es ist, emotional aufgeladene Äußerungen – beispielsweise den Satz Ich liebe dich – in der Muttersprache zu verbalisieren. Dabei merken wir sehr rasch, wie anders dies ist, wenn wir den gleichen Satz in einer Fremdsprache äußern. In dieser ist eine solch bedeutsame Äußerung in aller Regel viel leichter zu realisieren als in unserer Muttersprache. Auch dieses Phänomen impliziert einen gewissen Zauber.
Diese wenigen Überlegungen machen bereits deutlich, dass (Fremd)Sprachen und ebenso der Sprachunterricht uns in den unterschiedlichsten Lebensbereichen neue Einsichten vermitteln: als Sprachforscher in unterschiedlichen Bereichen der Linguistik ebenso wie als Sprachnutzer in unterschiedlichen Bereichen des täglichen und des Berufslebens wie auch als Sprachdozenten und Sprachlehrer in unterschiedlichen Bereichen des Fremdsprachenunterrichts. Mit dieser Produktivität der Sprache, der in vielerlei Hinsicht ein gewisser Zauber inhärent ist, werden wir uns im Rahmen der 5. Saarbrücker Fremdsprachentagung beschäftigen. Dieses Thema ist sicherlich eines, das weniger zugänglich erscheint als andere mögliche thematische Ausrichtungen. Dennoch ist es eines, das viel Kreativität ermöglicht – und erfordert – und das uns hier und da vielleicht zum Nachdenken anregt.
Wie immer ist es ab sofort möglich, sich zu der 5. Saarbrücker Fremdsprachentagung anzumelden, und auch der Anmeldeweg ist der gleiche, nämlich – und dies ist am einfachsten – durch eine E-Mail an den folgenden Account: fremdsprachentagung@googlemail.com
Die Länge der Sektionsvorträge beträgt 30 Minuten (plus 10 Minuten für die Diskussion). Da die für Vorträge zur Verfügung stehenden Zeitfenster leider nicht unbegrenzt sind, wird dringend zu einer frühzeitigen Anmeldung geraten.
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