Die Herausgeber der Zeitschrift „Language Education and Multilingualism – The Langscape Journal“ laden InteressentInnen herzlich dazu ein, Beiträge für eine neue Ausgabe mit dem Schwerpunkt „Language Teacher Education and Plurilingualism in Digital Learning Environments“ einzureichen.
Die Digitalisierung hat Sprachlern-/lehrprozesse sowie die Aus- und Weiterbildung von Fremdsprachenlehrer*innen stark beeinflusst. Die daraus entstandenen neuen Rollen (Tutor*in, Mediator*in, facilitator) sollen Fremdsprachenlehrer*innen zum Handeln in einer globalisierten Welt befähigen, die durch internationale Mobilität (vgl. Molinié 2007) und den schnellen Zugriff auf authentische fremdsprachliche Inhalte charakterisiert ist (vgl. Whyte 2014). Durch die Vervielfältigung und Diversifizierung von Kommunikationswegen ermöglichen digitale Kontexte zukünftig nicht mehr nur mündliche Kommunikation, sondern zunehmend auch ästhetische Kommunikationsformen (kreative Beiträge, z. B. in Form von Videoclips) und Formen non-verbaler (körperlicher) Kommunikation (z. B. VR-Brillen) integrieren. Diese kontextuellen Faktoren führen zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Herausforderungen / affordances (Gibson 1979) und dem Potential digitaler Werkzeuge für unterschiedliche Bereiche: für die Fremdsprachenlehrer*innenbildung (Chun/Smith/Kern 2016), für die Entwicklung von Medienkompetenzen, Sprachkompetenzen und interkulturellen Kompetenzen sowie für die Förderung der Identitätsbildung der Lernenden. Die zunehmend außerhalb des institutionellen Lernortes „Klassenraum“ stattfindenden Lernprozesse stellen Lehrende vor neue Herausforderungen, wenn sie diese Veränderungen auf kommunikativer, sozialer und identitärer Ebene berücksichtigen müssen.
Die Zusammenarbeit von Fremdsprachenlehrer*innen und Lerner*innen in unterschiedlichen nationalen, kulturellen und sprachlichen Kontexten rückt Mehrsprachigkeit und Mehrkulturalität in den Fokus des Interesses. Dabei sind u. a. Interaktionen zwischen mehrsprachigen Sprecher*innen und deren translinguale Praktiken (translanguaging, García & Wei 2014) zu berücksichtigen als auch mehrsprachige Lehrer*innen, die in mehreren Sprachen unterrichten und die ihre vielfältigen Sprach- und Sprachlernerfahrungen sowie ihr Sprachwissen in mehrsprachigen Kontexten erworben haben, was sich auch auf ihre Lehrpraxis auswirkt (Narcy-Combes et al. 2019).
Die Lehrer*innenaus- und fortbildung sieht sich daher mit vielfältigen Professionalisierungsbedarfen im Hinblick auf unterrichtliche Lehr und -lernprozesse konfrontiert, nimmt man die Verantwortung der Lehrperson als Vermittler*in ernst (“responsabilité épistémologique”, Narcy-Combes 2005 ; Brudermann et al. 2018). Eine bloße Vermittlung von einfachen Anwendungskompetenzen oder methodischen Strategien wird den derzeitigen Bedürfnissen nicht mehr gerecht. Lehrer*innen müssen sich deshalb ihrer Kompetenzen, Einstellungen und beruflichen Überzeugungen und der Emotionen bewusst werden, die auf ihre berufliche Handlungspraxis einwirken (Cicurel 2011).
Die empirische Lehrer*innenbildungsforschung und die reflexive Lehrer*innenbildung (vgl. Farrell 2016; Korthagen/Hoekstra/Meiker 2014) entwerfen Handlungsempfehlungen für erfahrungsbasierte Projekte in der ersten Phase der Lehrer*innenbildung. Diese umfassen Projekte zur Professionalisierung sowie zum Transfer des erworbenen Wissens auf (zukünftige) pädagogische Handlungsfelder (Abendroth-Timmer 2017; Caspari 2014; Schädlich 2014).
In diesem Sinne können digitale Werkzeuge dazu beitragen, die Kooperation (zukünftiger) Fremdsprachenlehrer*innen in internationalen Projekten zu fördern sowie die kritische Reflexion des eigenen Lehrer*innenhandelns und des erworbenen pädagogischen Wissens anzuleiten. Diese Prozesse müssen jedoch tutoriell begleitet werden, um Ängste und Unsicherheiten zu mindern, die bei Veränderungsprozessen in einem sich schnell verändernden Kontext natürlicherweise auftreten (Duclos 2015; Burrows & Miras, erscheint).
Derartige Projekte helfen ferner, die Gegenstandsangemessenheit von Forschungsmethoden im Bereich der fremdsprachlichen Lehrer*innenbildung zu überprüfen und den Einfluss der digitalen Technologien auf die Datenerhebung zu untersuchen.
Die eingereichten Beiträge sollten sich auf die folgenden Bereiche beziehen:
1. Bildungstheoretische Grundlagen im digitalen Zeitalter
Welche (bildungs)theoretischen Modelle sind für die Beschreibung von interkultureller und mehrsprachiger Kommunikation, Wissenskonstruktion und Identitätsbildung im digitalen Zeitalter nötig? Sind Modellbildungen überhaupt denkbar?
2. Konzepte für die Fremdsprachenlehrer*innenbildung
Welche multimodalen Lernumgebungen in der Fremdsprachenlehrer*innenaus- oder –
weiterbildung fördern kollaborative, interkulturelle sowie mehrsprachige Lernprozesse? In
welchem Verhältnis steht die Fremdsprachenlehrer*innenbildung zum beruflichen Arbeitsfeld
und wie ist die Übertragbarkeit hierauf einzuschätzen?
3. Forschungsmethodische Bedeutung von Digitalisierung in der Lehrer*innenbildung
Welchen Einfluss haben digitale Kontexte auf die Reflexion, Selbstkonfrontation und Bewusstwerdung der Lehrenden sowie auf die Form und Struktur der solchermaßen erhobenen Daten? Inwiefern erfordern digitale Kontexte eventuell neue Forschungsmethoden?
4. Mehrsprachigkeit als Gegenstand und/oder Ziel im digitalen Zeitalter
Wie interagieren (mehrsprachige) Sprecher*innen in (mehrsprachigen) digitalen Sprachlernkontexten? Welche translingualen Praktiken (García & Wei, 2014) lassen sich beobachten? Wie lässt sich das Verhältnis von Mehrsprachigkeit als Gegenstand, Bedingung oder Ziel von Sprachenlehre im digitalen Zeitalter beschreiben?
Zeitplan:
15. Juli 2019: Einreichen der Abstracts und anschließende Auswahl (Hélène Perz, Mail perz@romanistik.uni-siegen.de)
31. Dezember 2019: Einreichen der Beiträge
Publikation des Bandes: Frühsommer 2020?
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