Das neue Themenheft 15/3 der Zeitschrift für Hochschulentwicklung (ZFHE) erscheint im Oktober 2020. Thema der neuen Ausgabe lautet „Diversität an Hochschulen – Chancen und Herausforderungen auf dem Weg zu exzellenten und inklusiven Hochschulen“. Dazu werden noch Beiträge in Form von wissenschaftlichen Beiträgen oder Werkstattberichten gesucht. Diese können in englischer oder deutscher Sprache noch bis 15. Mai 2020 eingereicht werden.
Zum Themenschwerpunkt
Die Hochschulsysteme zeichnen sich zwischenzeitlich durch zunehmende Vielfalt von Studierenden, Lehrenden aber auch Mitarbeiter*innen aus. Hochschulen wurden in den letzten Jahren weit geöffnet – Diversität stellt damit kein „neues“ Phänomen dar, das sich allein über die „mitgebrachten“ demografischen Merkmale ihrer Angehörigen (z. B. anhand des Alters, der Nationalität oder des Bildungshintergrunds) manifestiert. Die Hochschulangehörigen zeichnen sich damit durch sehr individuelle (kognitive) Hintergründe, unterschiedliche Werthaltungen, Lernweisen oder auch Studienmotivationen aus, die sich sehr deutlich auf den Lern- und Studienerfolg auswirken und vielfach durch Sozialisation in der Hochschule beeinflusst und verändert werden (können). (AUFERKORTE-MICHAELIS &LINDE, 2018; BÜHRMANN, 2019; KERGEL & HEIDKAMP, 2019). Neben unterschiedlichen disziplinären Prägungen führt etwa auch die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Semester, die Übernahme von bestimmten Aufgaben durch Lehrende, Studierende und Mitarbeiter*innen in der Hochschulverwaltung zu unterschiedlichen Rollen(verständnissen) und damit wiederum zu unterschiedlichen Perspektiven auf die Kolleg*innen und die Lehr-Lernumwelt. Diese verschiedenen Formen von Diversität (vgl. z. B. LANGHOLZ, 2014; KLEIN, 2016; VOS et al., 2016; GAISCH et al., 2019) gilt es an Hochschulen zu erkennen und in geeigneter Weise zu berücksichtigen. Vor allem drei Beobachtungsebenen erscheinen hier besonders relevant:
- Auf einer strategischen Makro-Ebene wirken globale und europäische Initiativen und Regularien (z. B. Communiqués Yerevan 2015 sowie Paris 2018 aus dem Bologna-Prozess, die Sustainable Development Goals der UNESCO) auf die jeweiligen Hochschulsysteme ein und rücken als Themen in Leistungsvereinbarungen, Leitbildern und (strategischen) Entwicklungsplänen vermehrt in den Fokus hochschulischer Leistungsentwicklung. Dabei werden Hochschulen nicht nur als Studien-, Forschungs- und Innovationsstätten, sondern vermehrt auch als Arbeitgeber*innen in den Blick genommen, die ein höheres Maß an Inklusion und Partizipation zu realisieren haben (STEFANI et al., 2018).
- Auf der Mikro-Ebene des Lehr-/Lernalltags, z. B. im Rahmen der Lehrveranstaltungen, geht es um eine gelingende Interaktionsgestaltung. Aufgeschlossenheit und Diversitätskompetenz sowohl des wissenschaftlichen als auch des nicht-wissenschaftlichen Personals tragen hier wesentlich über den Einsatz entsprechender Methoden und Praktiken im Bereich Studium und Lehre bei (vgl. PIETZONKA, 2018; AUFERKORTE et al., 2018).
- Dazwischen liegt die – bislang noch wenig beachtete – Meso-Ebene der Studiengänge/Studienprogramme. Bereits hier werden zentrale Entscheidungen über In- und Exklusion getroffen, wenn Zulassungsbedingungen festgelegt, anzubietende Fächer ausgewählt und/oder Prüfungsbedingungen bestimmt werden (z. B. GAISCH & LINDE, 2019).
Über diese drei Ebenen hinweg müssen sich Hochschulen zu Diversitätsfragen positionieren und weiter professionalisieren. In welcher Form sollen/können sich Hochschulen hier Profile schaffen? Welche Rolle spielen Diversitätsaspekte in der hochschulischen Leistungserstellung? Die hiermit verbundenen Strukturen, Prozesse und Praktiken gelten als aufwändig, herausfordernd und stehen oftmals unter der Kritik, die Qualität hochschulischer Aus- und Weiterbildung zu verwässern (BRINK, 2009). Veränderungsprozesse in den genannten Bereichen gelten jedoch auch als konfligierend und münden sowohl in positive als auch negative Ergebnisse und Erfahrungen. Die sich hieraus ergebenden Anforderungen stellen für Hochschulen wesentliche Gestaltungsparameter in Studium und Lehre, in der Forschung wie auch in der organisationalen Entwicklung dar und bieten zahlreiche Möglichkeiten differenzierter Positionierung und Profilbildung.
Mögliche Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen:
- Was bedeutet es, mit Diversität auf System-, Institutionen- und Akteursebene umzugehen (z. B. Governanceperspektiven, Führungsgrundsätze und -praktiken)?
- Wie kann es gelingen, breite Teilhabe und Exzellenz in Einklang zu bringen?
- Welche Formen nicht-traditioneller Studierender werden als Zielgruppen bedeutender und wie kann es Hochschulen gelingen, sich stärker für diese Gruppen zu öffnen?
- Wie kann für professionalisierten Umgang mit Diversität sensibilisiert werden und wie können wissenschaftliches und nicht-wissenschaftliches Personal an Hochschulen für dieses Thema interessiert und weitergebildet werden?
- In welcher Form wird Inklusion in den Hochschulen realisiert und welche Auswirkungen hat dies auf hochschulische Lehre und deren Profilbildung?
Wir freuen uns auf Beiträge, die den Fortschritt, aber auch Barrieren, mögliche neue Strömungen/Tendenzen auf den einzelnen Ebenen oder auch in einem systemischen Zusammenspiel zu dem skizzierten Themenspektrum beleuchten. Ein besonderes Interesse gilt der evidenzbasierten Entwicklung neuer Praktiken, Normen, Mechanismen, Fähigkeiten und Ressourcen, die den Umgang mit Diversität und Heterogenität sowie Inklusion stärker in den Fokus rücken und zur Exzellenzfrage in Beziehung setzen.